Gesprächsthema: Wechseljahre
Zwischen Stigmatisierung und Verständnis
Eigentlich bin ich ein Mensch, der offen über Probleme spricht. Wenn Spannungen zwischen meinen Freunden oder meiner Familie und mir bestehen, bemühe ich mich, das Problem so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Doch bei einem Thema stelle ich nun schon länger fest, dass mir der offene Austausch darüber schwerfällt: meine Wechseljahre.
Wechseljahre am Arbeitsplatz: eine Herausforderung
Es klingt für Außenstehende albern, aber tatsächlich trauen sich viele Frauen nicht offen über ihre Wechseljahre zu sprechen. Und das nicht nur, weil ein hoher Leidensdruck besteht, sondern weil Frauen in den Wechseljahren in unserer Gesellschaft noch immer stigmatisiert werden. Ich bin die Zicke, wenn ich meinen Kolleginnen in einem harscheren Ton als gewollt antworte. Ich bin die Launische, wenn ich morgens nicht mit einem großen Lächeln ins Büro komme. Und ich bin die Unberechenbare, wenn meine Stimmung an manchen Tagen in Extremen schwankt. Doch für all das bin ich persönlich nicht verantwortlich. Es sind meine durch die Wechseljahre bedingten Stimmungsschwankungen, die mich in Momenten wie diesen aus der Haut fahren lassen.
Nach einer Weile habe ich meine Kolleginnen also eingeweiht und das nicht etwa, weil ich unbedingt wollte – vielmehr wurde es mir langsam zu anstrengend meine Symptome zu „verstecken“. Es hinderte mich daran mein ganzes Potenzial in meinem Job auszuschöpfen. Zu meiner Überraschung stieß ich auf sehr viel Verständnis, was vermutlich auch daran lag, dass sie alle Frauen sind und sich früher oder später in ähnlicher Situation befinden würden. Aber der Gedanke sich meinen männlichen Kollegen anzuvertrauen? Dafür fehlt mir noch der Mut… oder die nötige Unterstützung durch meine Arbeitsstelle an sich. Denn: Bislang gibt es nur wenige Unternehmen, die geeignete Arbeitsbedingungen für ihre Arbeitnehmerinnen in den Wechseljahren schaffen. Damit meine ich nicht etwa nur Klimaanlagen oder Ventilatoren bei Hitzewallungen zur Verfügung zu stellen, sondern auch die richtige Einstellung gegenüber den Wechseljahren im Unternehmen zu kommunizieren. Das würde vielen Frauen helfen und sie wahrscheinlich sogar ermutigen, offen(er) über ihre Wechseljahre zu sprechen.
Wechseljahre daheim: ein persönliches Kapitel
In meinem privaten Umfeld hingegen war es wesentlich leichter über meinen „Klotz am Bein“ zu sprechen. Dort gibt es eben nicht die professionelle Barriere, die dem persönlichen bzw. privaten Austausch im Weg steht. Meine Freundinnen sprachen mich teilweise sogar offen an: „Hey, irgendwie wirkst du angespannter in letzter Zeit. Ist alles in Ordnung?“ Wenige Tage nach dem Termin mit meiner Gynäkologin erzählte ich meiner Familie von meiner „Diagnose“. Beim Abendessen sprach ich offen über die Wechseljahre und die begleitenden Herausforderungen und traf auf viel Verständnis und Mitgefühl. Mit der Zeit wird sich zeigen, wie meine Symptome unser Zusammenleben als auch die Beziehung zu meinem Partner verändern werden. Mir war es insgesamt wichtig, dass sie auf mögliche Reaktionen oder Symptome meinerseits vorbereitet sind. So wissen sie, dass es meine Wechseljahre sind, wenn ich ab jetzt in manchen Situationen „unentspannter“ reagiere als sonst.